Dresden: Die Waldschlösschenbrücke ist flacher und anschmiegsamer als das Blaue Wunder. (Maßstabgerechter Silhouettenvergleich: Henry Ripke Architekten).
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Freitag, 16. Januar 2015

Lügenpresse – Wahrheitspresse? – Gedanken zum Wirken einiger Medien in Sachen Prinz Eugen

Lügenpresse – Wahrheitspresse? Im Spiegel Online steigen Gesa Mayr und Veronika Wulf in ihren Arikel zum Thema »Verhindertes Flüchtlingsheim in Dresdner Hotel« mit folgender Formulierung ein: »Direkt an der Elbe in Dresden liegt der Stadtteil Laubegast, Villa reiht sich an Villa, Vorgarten an Vorgarten. Es ist ein Viertel für Menschen, denen es gut geht. Ein Viertel für jene, die sich Idylle leisten können.« So diffamiert man pauschal Menschen – offenbar mit dem Ziel, Laubegaster Einwohner hinzustellen als Privilegierte, die weder finanzielle Sorgen haben noch den sozialen Spannungen einer Großstadt ausgesetzt sind und die dennoch – so die sich assoziativ einstellende Schlussfolgerung – Flüchtlingen nicht helfen wollen.

Die Spiegel-Damen formulieren geschickt und sicher absichtlich – aber an der Realität vorbei. Denn in Laubegast reiht sich nicht Villa an Villa, nicht Vorgarten an Vorgarten. Es gibt in Laubegast nur wenige Villen, aber dafür einige Einheitsbauten aus der Zeit des Realsozialismus, es gibt, entlang des Elbufers, kleine Häuser, die an frühere Fischer- und Treidler-Ärmlichkeit erinnern und die immer wieder bei Hochwasser »absaufen«, es gibt – vor allem entlang der donnernden Straßenbahnlinie – Stadtmietshäuser, deren Keller ebenfalls hochwassergefährdet sind, und es gibt sowohl sehr beengte Siedlungshäuslein aus der Zwischenkriegszeit als auch ein hässliches Nachwende-Neubaugebiet. – Was soll also die süffisante Bemerkung vom Viertel für jene, die »sich Idylle leisten können«?

Des Weiteren machten in den Medien Angaben zu Schmierereien am Hotel Prinz Eugen die Runde – so beispielsweise »asylkritischen Schmierereien am Hotel« (MDR), »mindestens (Herv. M. B.) eine Schmiererei am Hotel hat er dokumentiert« (Spiegel Online), in der FAZ war die Rede von »von Schmiererein übersät« ...

Die Wahrheit jedoch ist: Es gab genau eine Schmiererei am Hotel – an jenem Tag, nachdem die Umwidmung des Hotels zum Heim bekanntgegeben worden war. Und diese Schmiererei ist binnen eines Tages übertüncht worden.

Es fällt auf, dass diese falschen Aussagen, also das Märchen von vielen Schmierereien oder gar vom Übersätsein des Hotels, auch in anderen Medien auftauchen, also ungeprüft genutzt wurden.

Natürlich ist schon eine einzige Schmiererei dieser Art, egal wo, eine zuviel. Aber müssen Schreiberlinge rassistische Äußerungen und Asylbewerberskepsis in Dresden unbedingt »publizistisch vergrößern«, nur weil deren realen Ausmaße ihnen nicht groß genug sind, um ihr eigenes, vorgefertigtes Argumentationsmräderwerk in Gang setzen zu können? Und müssen Einwohner eines Stadtteils tendenziös als in gewisser Weise privilegiert vorverurteilt werden, nur um deren Meinungen und Verhalten als besonders unmoralisch darstellen zu können? Hier wird genau das getan, was anderen – beispielsweise bei der Verwendung des Begriffes »Lügenpresse« – vorgeworfen wird: Pauschalierung und Konfrontation.

Dass sich dabei fast niemand in den Medien ernsthaft mit den konkreten Inhalten der Petition der Initiative Mein Laubegast beschäftigt hat, kennzeichnet die Situation der deutschen Medienlandschaft. Mit der Verleihung des Titels »Unwort des Jahres« für das Wort Lügenpresse hat man diese Situation nicht besser gemacht.

M. B.