Dresden: Die Waldschlösschenbrücke ist flacher und anschmiegsamer als das Blaue Wunder. (Maßstabgerechter Silhouettenvergleich: Henry Ripke Architekten).
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Freitag, 7. August 2015

Politiker betreiben massenhaft Asylmissbrauch

Was ist »Asylmissbrauch«? Wenn jemand einen Asylantrag stellt und dabei damit rechnen muss, dass er abgelehnt werden könnte? Oder wenn jemand einen Asylantrag stellt, der dann tatsächlich abgelehnt wird? Oder wenn jemand einen Asylantrag stellt, ihn bewilligt bekommt, wobei sich danach herausstellt, dass der Antragsteller durch falsche Angaben sich die Bewilligung unrechtmäßig erschlichen hat?

Es dürfte klar sein, dass »Asylmissbrauch« nur für den zuletzt genannten Fall vorliegt. Asyl kann nur »missbraucht« werden, wenn es zuvor gewährt wurde.

Seit Anfang der neunziger Jahre jedoch üben sich vor allem Unions-Politiker darin, schon allein das Antragstellen, zumal wenn es in großer Zahl passiert, zu diskreditieren und die Antragsteller latent zu kriminalisieren! So am Morgen des 7. August 2015 im ZDF-Morgenmagazin, als der CSU-Politiker Hans-Peter Friedrich darauf bestand, den Begriff »Asylmissbrauch« auf all jene Asylbewerber anzuwenden, die von vornherein wissen müssten, dass ihr Antrag sehr wahrscheinlich abgelehnt wird.
Damit liegt er in einer üblen Tradition politischer Stimmungsmache. Schon im Oktober 1992 hatte der damalige bayerische Innenminister Edmund Stoiber pauschal von einem »hunderttausendfachen Asylmissbrauch« gesprochen (Klaus J. Bade, Ausländer, Aussiedler, Asyl, München 1994, S. 109).

Klar ist: Die Politik muss dringend handeln! Aber nicht dadurch, dass jene diffamiert werden, die ein bereitgestelltes Angebot versuchen zu nutzen, auch wenn die Erfolgsaussichten ggf. gering sind.

Die Politik muss ihre Verfahrensweise, aber auch die Einstellung zum Asylproblem ändern. So ist es grundsätzlich inakzeptabel, wenn die sogenannten Wirtschaftsflüchtlinge a priori mit einem Stigma des Unseriösen oder gar Protokriminellen versehen werden.

An dieser Stelle sollte an Folgendes erinnert werden. Die allermeisten Deutschen, die aus der DDR in die BRD flüchteten, taten dies aus wirtschaftlich-materiellen Gründen, auch sie waren »Wirtschaftsflüchtlinge«. Und obwohl es ihnen in der DDR materiell zumeist nicht annähernd so schlecht wie heutigen Flüchtlingen etwa aus Albanien oder Mazedonien ging, käme wohl kaum ein Politiker auf die Idee, diese DDR-Flüchtlinge im Nachhinein moralisch abzuwerten, nur weil sie versuchten, jede der ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu nutzen, um materiell noch besser leben zu können.

Schaut man genauer hin, wird doch klar, dass der massenhafte Gebrauch des Begriffes »Asylmissbrauch« durch Berufs- und »Stammtischpolitiker« nur dem Ziel dient, die Herde blökender Schafe hinter sich zu sammeln – zu Lasten derer, denen es wirklich schlecht geht.

Diese Politiker missbrauchen damit die Asylthematik für eigenen Zwecke. Es sind sie, die massenhaft »Asylmissbrauch« betreiben.


M. B.